Verkommene Fassaden, zerschlagene Fenster, halb verfallene Häuser, rostige Loren: Lost Places gibt es auch auf Sardinien zu entdecken. Viele dieser verlassenen Orte und vergessenen Gebäude waren früher einmal mit Leben gefüllt. Heute sind sie vor allem Zeugen der Vergangenheit. An diesen sechs Orten könnt ihr euch auf Zeitreise begeben.

1) Gairo Vecchia: Von Wassermassen überflutet

Gairo Vecchia
Gairo Vecchia: Die Ruinen des bekanntesten Geisterdorfes von Sardinien liegen knapp 30 Kilometer nordwestlich der Marina di Gairo. Copyright Foto: Paolo Succu

Der von Bäumen überwucherte und von Eidechsen bewohnte Ort Gairo Vecchia zählt zu den berühmtesten Lost Places auf Sardinien. Eine der inselweit größten Flut-Katastrophen der Nachkriegszeit verwüstete das 1500-Seelen-Dorf an der Ostküste im Oktober 1951. Dauerregen hatte damals Flüsse und Bäche in reißende Fluten verwandelt. Die Wassermassen rissen mehrere Häuser weg, viele Gebäude galten als einsturzgefährdet, überall stapelten sich Trümmer. Nach der Flut haben viele Bewohner ihre Häuser westlich von Gairo Vecchia wieder aufgebaut und das vom Hochwasser zerstörte Dorf verlassen. Seitdem ist das brachliegende Gairo Vecchia zum Trendziel von Fotografen geworden.

2) Residence Su Sirboni: Aufgegebenes Luxushotel an Traumstrand

Lost Places auf Sardinien
Bis in die 80er-Jahre war der Luxusfaktor im Residence Su Sirboni hoch. Nach der Schließung hat die Natur das Gelände zurückerobert. Copyright Foto: Paolo Succu

In der weißen Hotelanlage in der halbmondförmigen Bucht Su Sirboni wird seit 40 Jahren kein Urlaub mehr gemacht. Anfang der 60er-Jahren kaufte die Baia Di Gairo S.p.a. das Gelände. Die Gesellschaft baute dort ein Luxushotel und machte daraus einen angesagten Treffpunkt des europäischen Jetsets. In den 80er-Jahren wurde der Hotelbetrieb von der Gemeindeverwaltung blockiert und die Anlage geschlossen. Seitdem herrscht Ruhe im Resort. Was aus den Gebäuden wird, bleibt abzuwarten. Offiziell ist das Betreten des Geländes verboten, aber auch eine Inspektion von außen und ein Strandbesuch lohnen sich.

3) Laveria Lamarmora: Verlassener Ort mit Meerblick

Lost Places auf Sardinien
Ob brüchiges Gemäuer oder ein atemberaubender Blick auf das Meer: Die einstige Waschanlage Lamarmora hat beides zu bieten. Copyright Foto: Paolo Succu

Auf Sardinien waren auch Tausende Frauen im Bergwerk eingespannt. In der ehemaligen Waschanlage Lamarmora bei Nebida zerkleinerten, wuschen und sortierten sie in mühsamer Handarbeit die in den umliegenden Gruben geförderten Erststücke. Seit den 30er-Jahren steht die alte Laveria aus dem Jahr 1897 still. Seitdem verfällt das von grünen Hügeln umgebene Gebäude mit atemberaubendem Blick auf das Meer. Das Betreten des Grundstücks ist wegen Einsturzgefahr verboten. Das hält aber viele Menschen trotzdem nicht davon ab, zur Waschanlage hinunterzuklettern.

4) Laveria Brassey: Rostiger Charme in alter Zeche

Lost Places auf Sardinien
Die einst stolze Waschanlage Brassey liegt seit Jahrzehnten verlassen da. Copyright Foto: Paolo Succu

An der Costa Verde, einem Küstenstrich im Westen von Sardinien, unterhalb von Oristano und etwa fünfeinhalb Kilometer von der Spiaggia di Piscinas liegt die Laveria Naracàuli, auch bekannt unter dem Namen Laveria Brassey. In dieser Waschanlage wurden zwischen 1900 und 1970 Zinkerze sortiert und gewaschen. Heute liegt die einst bahnbrechende, moderne Anlage verlassen da. Es herrscht Stille und Einsamkeit, ausgerechnet dort, wo früher eine emsige Betriebsamkeit bestand.

5) Sa Fabbrica de su Paberi: Seit Jahrhunderten im Dornröschenschlaf

Lost Places auf Sardinien
Die Nachfrage nach Papier für die Königshäuser, Städte und Dörfer war im 19. Jahrhundert auch auf Sardinien groß. Copyright Foto: Paolo Succu

Vor mehr als 200 Jahren begann am Rande von Tresnuraghes der Bau einer Papiermühle. Das Haus Savoyen wollte damals in das Papiergeschäft einsteigen. Der junge Marquis Vittorio Pilo Boyl leitete von 1809 bis 1816 die Bauarbeiten in dem grünen Tal, durch den der träge dahinfließende Riu Mannu seinen Lauf in Richtung Westen nimmt. Nach der Herstellung der ersten beschreibbaren Blätter, war klar, dass sich das Papier nicht zur Marktreife entwickeln ließ. Die Bögen waren zu dunkel. Das Königshaus stellte den Betrieb ein und verließ das Tal. In den Jahrhunderten nach der Schließung hat die Natur das Gelände zurückerobert.

6) Rebeccu: Ein verfluchter Ort

Lost Places auf Sardinien
Die „Entleerung“ und Zerstörung von Rebeccu wird noch heute auf den berüchtigten „Fluch der Donoria“ zurückgeführt. Copyright Foto: Paolo Succu

Viele Legenden ranken sich um das 30 Häuser zählende Dorf Rebeccu bei Bonorva. Die unheilvolle Geschichte des verlassenen Ortes erstreckt sich bis weit in die Vergangenheit. Im 14. Jahrhundert sollen die Dorfbewohner eine Königstochter namens Donoria aus dem Ort verbannt und als Hexe gebrandmarkt haben. Donoria soll den Ort und seine Bewohner daraufhin mit einem Fluch belegt haben: „Rebeccu, Rebecchei da ‚e trinta domos non movei“, was übersetzt so viel heißt wie: Rebeccu, du wirst zerstört werden und solltest du irgendwann wieder aufgebaut werden, darfst du nicht mehr als 30 Häuser zählen.

Info

Mehr Lost Places auf Sardinien gibt es unter www.sardegnaabbandonata.it zu entdecken.